Nervenzellen feuern im Gehirn

Elektrokonvulsionstherapie (EKT)

20. September 2024

Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist ein modernes und das aktuell wirksamste Therapieverfahren zur Behandlung schwerer depressiver und psychotischer Erkrankungen. Sie ist wissenschaftlich anerkannt, hochwirksam, sicher und im Verhältnis zur Schwere der behandelten Erkrankungen sehr nebenwirkungsarm.

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Gründe für den Einsatz der EKT

Entsprechend den Empfehlungen der Bundesärztekammer sowie der Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde kann die EKT grundsätzlich bei folgenden psychiatrischen Krankheitsbildern eingesetzt werden:

  • Schwer behandelbare Depression (wahnhaft, stuporös, therapieresistent, chronisch)
  • Schizophrenie und schizoaffektive Störungen
  • Akute, lebensbedrohliche Katatonie
  • Bipolare Störung (Depression, Manie, Mischformen, Rapid Cycling)

Daneben können, unter bestimmten Umständen, auch neuropsychiatrische und neurologische Erkrankungen mit einer EKT-Serie behandelt werden:

  • Malignes neuroleptisches Syndrom
  • Therapierefraktärer Morbus Parkinson mit psychiatrischen Symptomen
  • Therapierefraktäre Status epilepticus
  • Therapieresistente delirante Syndrome

Zudem sollte die EKT priorisiert erwogen werden, falls neben einem der oben genannten Krankheitsbilder eine der folgenden Situationen gegeben ist:

  • eine schnelle, definitive klinische Besserung ist auf Grund der Schwere und/oder Akuität der psychiatrischen Erkrankung dringend erforderlich
  • schlechtes Ansprechen auf die Einnahme von Psychopharmaka bei vorbekanntem gutem klinischem Ansprechen auf eine EKT-Serie in der Vergangenheit
  • Unverträglichkeit oder erhebliche Nebenwirkungen der Pharmakotherapie
  • PatientIn wünscht die Behandlung ausdrücklich

 

Elektrokrampftherapie (EKT) und Transkranielle Magnetstimulation (TMS)

Neurostimulationsverfahren

Elektrokrampftherapie (EKT) und Transkranielle Magnetstimulation (TMS)
https://www.youtube.com/watch?v=53lqWFYtl6w

Durchführung der EKT

Für die Behandlung werden zwei Elektroden am Kopf angebracht. Über sie wird ein kurzer elektrischer Impuls abgegeben. Dieser löst einen kontrollierten epileptischen Anfall aus. Die Behandlung erfolgt unter kurzer Narkose.

An unserer Forschungsklinik führen unsere ÄrztInnen in aller Regel zwei Sitzungen pro Woche für 12 EKT-Sitzungen durch. Diese initiale EKT-Serie dauert durchschnittlich 6 bis 7 Wochen und kann ausschließlich im Rahmen eines stationären Klinikaufenthalts erfolgen. Anschließend wird der Abstand zwischen den einzelnen EKT-Sitzungen nach und nach verlängert (zuerst von zwei Mal auf einmal wöchentlich, dann eine EKT alle zwei Wochen etc.). Diese Phase wird als Erhaltungs-EKT bezeichnet. Ab einem Intervall von ≥ 1 Woche zwischen den EKT-Sitzungen kann die Behandlung auch teilstationär durchgeführt bzw. fortgesetzt werden. Dann findet die Aufnahme, EKT-Behandlung und Entlassung am gleichen Tag statt. Sobald der/die PatientIn eine dauerhafte Verbesserung und Stabilisierung spürt, wird die EKT ausgeschlichen.

Risiken und Nebenwirkungen

Die Risiken einer EKT sind, verglichen mit anderen medizinischen Eingriffen unter Narkose, gering und resultieren vorwiegend aus der Kurznarkose. Durch den applizierten Strom und den hieraus folgenden kontrollierten und erwünschten epileptischen Anfall kann es beispielsweise zu Schwindel, Übelkeit, muskulären Verspannungen sowie Konzentrationsstörungen und Vergesslichkeit, selten zu Verwirrungszuständen kommen. Die genannten Phänomene sind meist von kurzer Dauer und dabei gut beherrschbar. Schwere Nebenwirkungen sind selten und in aller Regel gut behandelbar. Während Erinnerungen an länger zurückliegende Ereignisse selten beeinträchtigt sind, können z.B. Gedächtnislücken im Hinblick auf die aktuelle Episode und Behandlung vorkommen. Verständlicherweise verunsichert dieser Umstand PatientInnen. An dieser Stelle können Angehörige beruhigend unterstützen. Drei Aspekte sind in diesem Zusammenhang wichtig:

  • Im Mittel kommt es durch die EKT zu einer Verbesserung der Denkleistung. Das ist naheliegend, weil Denkstörungen häufig eine Begleiterscheinung der psychischen Erkrankung sind und sich in Folge einer erfolgreichen Behandlung verringern.
  • Wenn PatientInnen als Nebenwirkung der Behandlung Denkstörungen entwickeln, klingen diese in der Regel im Verlauf von Tagen bis wenigen Wochen wieder ab.
  • Zahlreiche Studien mit unterschiedlichsten Methoden ergaben keine Hinweise für Schäden des Hirngewebes durch EKT. Im Gegenteil zeigen neue wissenschaftliche Erkenntnisse, dass psychische Erkrankungen das Schrumpfen von bestimmtem Hirngewebe verursachen und sich dieser Prozess durch EKT teilweise rückgängig machen lässt. Die EKT führt dabei zur Ausschüttung von Nervenwachstumshormonen und damit zur Neubildung von Nervenzellen, deren Kontaktstellen (Synapsen) und den sie verbindenden Nervenbahnen im Gehirn.

Klinische Wirksamkeit der EKT

Die Sicherheit und klinische Wirkung der EKT wurde in diversen Studien belegt. Abhängig von der psychiatrischen Grunderkrankung und evtl. vorliegenden weiteren Erkrankungen sind Therapieerfolgsraten (Definition: Reduktion der Symptome um die Hälfte) der EKT von 50 bis 95 Prozent beschrieben. Das bedeutet, dass sich depressive Symptome wie tiefe Traurigkeit, Freudlosigkeit, fehlender Antrieb, Kraftlosigkeit, Konzentrationsstörungen, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen u.a.m. um die Hälfte verbessern. Die EKT wird daher als Goldstandard der Neurostimulationsverfahren und wirksamste Therapie für die Depression angesehen.

Auch bei älteren PatientInnen ist das Behandlungsverfahren sicher, sehr wirksam und führt verglichen mit Medikamentengabe auch zu einer schnelleren Besserung. Zudem gibt es eindeutige Hinweise darauf, dass EKT das Suizidrisiko reduziert. Um den Behandlungserfolg, der sich in der Regel binnen der ersten EKT-Serie einstellt, zu erhalten und das Rückfallrisiko zu minimieren, ist eine Erhaltungs-EKT von zentraler Bedeutung. Dabei wirkt sich eine zeitgleiche Psycho- und Pharmakotherapie positiv auf den langfristigen Erkrankungsverlauf aus.

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