Einblicke in Depression mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI)
Forschungsbericht (importiert) 2023 - Max Planck Institut für Psychiatrie
Depression (Major Depression, MDD) ist eine schwere Erkrankung, die weltweit viele Menschen betrifft. Jährlich leiden fünf Prozent der deutschen Bevölkerung darunter. MDD ist mit verminderter Lebensqualität und einem erhöhten Risiko für Folgeerkrankungen sowie erhöhter Sterblichkeit verbunden. Sie wird durch Umwelt- und genetische Faktoren beeinflusst und tritt häufiger bei Frauen auf [1;2]. Die Bestimmung ihrer Ursachen auf molekularer Ebene stellt eine Herausforderung dar. Einerseits ist die Bandbreite an Symptomen hoch, zudem gilt es, auch diejenigen Genvarianten in Bereichen unseres Erbguts zu identifizieren, die nicht direkt für die Krankheit verantwortlich sind. Kürzlich durchgeführte genomweite Studien haben gezeigt, dass bestimmte Bereiche unseres Erbguts, die mit unserem Immunsystem zu tun haben, mit MDD zusammenhängen können. Viele Patientinnen und Patienten haben Entzündungen im Körper, die oft zu schlechteren Behandlungsergebnissen führen [3]. Erhöhte Immunmarker korrelieren mit MDD und spezifischen Symptomen wie Müdigkeit und der verminderten Fähigkeit, Freude zu empfinden. Unsere Forschung zeigt eine genetische Verbindung zwischen höheren Entzündungswerten (CRP-Werten) und depressiven Symptomen. Eine andere Forschungsgruppe identifizierte eine Untergruppe depressiver Patientinnen un Patienten mit erhöhten Blutwerten im Bereich der Monocyten, CRP und IL-6 [4]. Das unterstreicht die Notwendigkeit, die Immunfunktion bei MDD auf verschiedenen molekularen Ebenen besser zu verstehen.
Unsere Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Psychiatrie widmet sich der Aufgabe, Immun-Signaturen bei Depressionen mithilfe von maschinellem Lernen zu identifizieren. Wir vermuten, dass Subgruppen von Erkrankten im Hinblick auf Entzündungsindikatoren unterschiedliche klinische Profile zeigen. Teilnehmende der BeCOME- und OPTIMA-Studie, die an Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen litten, unterzogen sich umfangreichen klinischen Bewertungsskalen und Blutabnahmen. Verschiedene molekulare Parameter wurden erhoben, darunter ein Immunmarker-Profil sowie RNA-Sequenzierung.
Unser Team ist spezialisiert auf eine bestimmte Art der statistischen Analyse, mit der wir krankheitsbedingte Bereiche in unserer DNA identifizieren können. Wir entwickelten eine Methode namens DiffBrainNet, um Studien über das Gehirn von Mäusen durchzuführen und genetische Varianten mit Stressreaktionen und psychischen Störungen zu verbinden [5].
In unserer neuesten Studie haben wir die Daten von 237 Menschen untersucht. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz haben wir diese Personen basierend auf ihren Biomolekulardaten in verschiedene Gruppen eingeteilt. Dabei haben wir bewusst keine typischen klinischen Daten verwendet. Durch diesen Ansatz konnten wir vier verschiedene Gruppen von Patientinnen und Patienten identifizieren. Diese Gruppen unterschieden sich in der Schwere ihrer Depression und in der Aktivität ihres Immunsystems. Wir stellten fest, dass Faktoren wie Körpergewicht und -größe (BMI), Alter, bestimmte Immunmarker und Gene wichtig waren, um die Unterschiede zwischen den Gruppen zu erkennen.
Beispielsweise zeigten zwei Gruppen einen höheren BMI und stärkere Depressionssymptome. Dies könnte bedeuten, dass bei diesen Menschen Depression und Veränderungen im Immunsystem zusammenhängen. Unser Fokus lag auf der Kombination verschiedener biologischer Daten - einschließlich des Profils von 43 verschiedenen Immunmarkern und detaillierten RNA-Sequenzierungsdaten von über 12.000 Genen - um die Komplexität der Depression besser zu verstehen. Beispielsweise stieg das Alter in den vier Gruppen progressiv an und der BMI war in zwei speziellen Gruppen erhöht. Dies ergab interessante Verbindungen. In diesen zwei Gruppen war ein höherer BMI und erhöhte CRP-Werte mit stärkeren Depressionssymptomen verbunden. Dieses Muster galt jedoch nicht für eine der Gruppen, was darauf hinweist, dass es einzigartige Unterschiede in der Art und Weise gibt, wie sich Depression bei verschiedenen Menschen zeigt.
Wir untersuchten auch spezifische Gene und deren Expressionsmuster. Gene wie NRCAM, NAP1L2, FBLN2 und andere zeigten unterschiedliche Aktivitätsniveaus in den Gruppen. Diese Gene sind wichtig für Funktionen im Gehirn und Immunsystem. Zum Beispiel wurde das Gen ZEB2, das verstärkt in bestimmten Immunzellen aktiv ist, stärker in Gruppen exprimiert, die auch höhere Immunmarker zeigten. Auch die Betrachtung von Gen-Gruppen und deren Funktionen deutete darauf hin, dass bestimmte Gen-Gruppen stärkere Aktivitäten im Gehirn und Immunsystem haben. Das stützt die Idee, dass bei einer Depression komplexe Wechselwirkungen zwischen unserem Gehirn und unserem Immunsystem vorliegen können.
Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, Depressionen von verschiedenen Blickwinkeln aus zu betrachten, sowohl klinisch als auch genetisch. Dieser Ansatz könnte zu personalisierten und wirksameren Behandlungsmethoden führen, die die einzigartigen biologischen Eigenschaften jedes Menschen berücksichtigen.