Steuerung der Stressantwort im Gehirn
Wirkort des entscheidenden Proteins erstmals identifiziert
Nicht erst seit der Covid-19-Pandemie gehört Stress zum Alltag und nicht erst seitdem ist die Fähigkeit unseres Körpers, angemessen damit umzugehen, entscheidend. Obwohl Forschern bekannt war, dass das Protein FKBP5 ein wichtiger Regulator von Stress ist, kannten sie bisher weder die genauen Mechanismen noch die Stelle im Gehirn, an der es wirksam wird. Max-Planck-Wissenschaftler nutzten nun modernste Mausmodelle, um mehr darüber herauszufinden: Sie konnten erstmals die Hirnregion identifizieren, die zentral für die Funktion von FKBP5 bei der Regulierung der Stressreaktion ist. Das ist wichtig für die Entwicklung gezielterer Behandlungsmethoden sowie zur Prävention von stressbedingten Erkrankungen.
Entscheidend bei der Stressantwort des Körpers ist, dass sie bei Bedarf richtig ein- und ausgeschaltet wird, sonst kann sich Stress negativ auf die psychische Gesundheit auswirken. Das Verständnis der biologischen Grundlagen von Stress und stressbedingten Störungen ist der Forschungsschwerpunkt der Arbeitsgruppe von Mathias Schmidt am Max-Planck-Institut für Psychiatrie (MPI) in München.
Die Stressantwort wird von der so genannten Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA) orchestriert, die die Ausschüttung von Cortisol steuert. Dieses Stresshormon setzt die Reaktion des Körpers auf einen Stressor in Gang. Das Protein FKBP5 ist ein entscheidender Regulator der HPA-Achse, indem es die Bindungsaffinität des Rezeptors für Cortisol verändert. FKBP5 steuert also, ob Cortisol ausgeschüttet wird oder nicht. Es überrascht nicht, dass FKBP5 ein bekannter Risikofaktor für viele stressbedingte Störungen ist, einschließlich psychiatrischer und metabolischer Erkrankungen. Höhere FKBP5-Spiegel sind mit höheren Stresshormonspiegeln assoziiert und als solcher ist FKBP5 entscheidend für das Ausschalten der Stressreaktion.
Das Team um Schmidt nutzte Mausmodelle, bei denen FKBP5 entweder fehlte oder in der Hirnregion, die die Stressantwort im Hypothalamus orchestriert, vermehrt ausgeschüttet wurde. Die gemeinsamen Erstautoren der Studie Lea Brix und Alexander Häusl, beide Doktoranden in Schmidts Arbeitsgruppe, fassen ihre Ergebnisse zusammen: "Bisherige Daten zur Stressantwort stammten von Tiermodellen, bei denen FKBP5 im gesamten Körper manipuliert war. Wir konnten erstmals die Hirnregion identifizieren, die zentral für die Funktion von FKBP5 bei der Regulierung der Stressreaktion ist".
Die Erkenntnisse wurden kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Molecular Psychiatry veröffentlicht. Die Wissenschaftler hoffen, dass das gewonnene Verständnis der genauen Rolle von FKBP5 einen gezielteren Ansatz zur Behandlung und Prävention von stressbedingten Störungen ermöglicht und die weitere Entwicklung von FKBP5-Inhibitoren als eine vielversprechende neue Behandlungsoption vorantreibt.